125 Jahre 1. Mai in Braunschweig

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1890 wurde der erste Mai in Braunschweig gefeiert, anders als heute, viele Männer und einige Frauen trafen sich in Gaststätten und hörten sich Vorträge an. Schwerpunkt war auch die Forderung nach dem Achtstundentag – bei sechs Arbeitstagen in der Woche. In der Woche wurde zu dieser Zeit in den bekannten Industriebetrieben allerdings zwischen 52 bis 56 Wochenstunden gearbeitet.

In den Jahren um die Jahrhundertwende hatte sich nicht viel geändert, Teilnehmer an den ersten  Maiveranstaltungen waren sich bewusst, dass sie mit einer Kündigung rechnen mussten, wenn sie der Arbeit an „ihrem Feiertag“ fern blieben. Im übrigen, man an traf sich gegen sieben Uhr morgens und „wanderte hinaus“ zu Ölpers Waldhaus. Es war auch die Zeit der Streiks um Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Lohnerhöhungen wurden oft unter dem Vorzeichen der familiären Versorgung gestellt. Viele Beschäftigte waren immer wieder aus voller Überzeugung dabei.

Die erste große Veränderung der 1. Mai Feierlichkeiten ergaben sich für das Jahr 1919. Das erste und einzige Mal in der Weimarer Republik war der erste Mai gesetzlicher Feiertag. Ein Jahr später standen schon wieder in einigen Betrieben Drohungen und auch Entlassungen im Raum für Kolleginnen und Kollegen, die den tag der Arbeit feierlich begehen wollten und begangen.

1933 wurde der erste Mai braun. Die Nationalsozialisten erklärten den 1. Mai zum „Tag der Arbeiter der Stirn und Faust“. In Braunschweig gab es einen großen Aufmarsch, lange Kolonnen der „Gefolgschaften“  aus Betrieben und Verwaltungen hörten eine Übertragung aus Berlin mit der fast einstündigen Rede des NS-Reichskanzler Hitler. 1942 waren nur noch „Reste“ des propagandistischen Pomps zu erleben, besser zu ertragen. Am Ende der schlimmsten menschlichen Tragödie, dem Zweiten Weltkrieg,  standen über 55 Millionen Menschen, die den Wahnsinn der Nationalsozialisten  mit dem Leben bezahlten.

1946 der 1. Mai in der Region, es wurde wieder aufgerufen sich an den Demonstrationen der Gewerkschaften zu beteiligen. Es kamen viele Menschen, man traf sich im Laufe der Jahre mal am Löwenwall, später am Gewerkschaftshaus und auf dem Burgplatz. Der Burgplatz wurde sehr bald der jährliche Veranstaltungsort, viele Prominenz aus Politik und Gewerkschaften sprachen auf dem Burgplatz, stellvertretend für viele muss Willy Brandt genannt werden, eine Reihe der Vorsitzenden aus den DGB-Gewerkschaften waren gern n Braunschweig.

Sehr bald wurde der 1. Mai nicht nur mit einer Demonstration und der Kundgebung auf dem Burgplatz gefeiert, in den 1960er Jahren marschierte und musizierte mehrfach ein Musikzug der Eisenbahnergewerkschaft aus dem dänischen Aarhus voran, in den 1970er Jahren gab es Informationstage vor und nach dem 1. Mai. Eine Besonderheit ergab sich Mitte der 1990er Jahre, auf Antrag wurde das Bundesweite Motto zum 1. Mai nicht verwendet, Grund war, ein überlebensgroßes „Trojanisches Pferd“ stand im Mittelpunkt der Veranstaltungen im Bürgerpark. Es wurden Fragen nach einer zeitgemäßen Darstellung des 1. Mai und auch die Frage, ob die Gewerkschaften Teile ihrer Arbeit nicht als „Trojanisches Pferd“ ansehen sollten/müssten?

Es gab und gibt bis heute das Grundschema für den 1. Mai, Demonstration, Kundgebung, Familienfest. Der 1. Mai wurde im Laufe der Jahre ein Fest der Begegnung, der Diskussionen und des kollegialen Miteinander. „Hoch lebe der 1. Mai“ – auch im 125. Jahr …

Gundolf Algermissen